Die auffallendsten Eigenschaften von Mistelextrakten auf das Tumorgeschehen sind ihre zytotoxischen und wachstumshemmenden Effekte, die sie auf eine Vielzahl von Tumorzelllinien, Lymphozyten und Fibroblasten in vitro ausüben.
Die zytotoxischen Wirkungen der Mistel werden vor allem durch die Apoptose-induzierenden Mistellektine hervorgerufen, während die Viscotoxine einen nekrotischen Zelltod bewirken [175].
Außerdem führen Mistelextrakte zu einer erhöhten Bildung bzw. Freisetzung einer Reihe von Zytokinen wie z. B. Interferon-gamma (IFN-γ), das eine wichtige Rolle bei der Vermittlung der protektiven Immunantwort gegenüber Krebszellen spielt [234] und antiproliferative Effekte aufweist [238].
Letzte Aktualisierung: 27.Februar 2023/AT1
Mistelgesamtextrakte und ML I induzieren die Apoptose in Tumorzellen, Leukämiezellen, Lymphozyten, Monozyten und Granulozyten. Hierbei supprimieren sowohl die Gesamtextrakte als auch ML I deutlich und dosisabhängig die Proliferation der Zellen [175, 223, 238].
Auch für Oleanolsäure als auch für weitere aus der Mistel isolierte pentazyklische Triterpene wie Betulin- und Ursolsäure konnten Apoptose-induzierende Wirkungen nachgewiesen werden [192, 197].
Die zellulären Mechanismen, über die die Mistelinhaltsstoffe die Apoptose induzieren, sind zwar intensiv untersucht worden, aber noch nicht endgültig geklärt. Bekannt ist, dass die Mistellektine eine maßgebliche Rolle bei der Apoptose-Induktion spielen, die diese schon in niedrigen Konzentrationen triggern können [175, 202, 239].
Untersuchungen zeigen, dass die Apoptose aber auch durch mitochondriale, rezeptorunabhängige Signalwege (Cytochrom c/Apaf 1) induziert werden kann, indem als wesentlicher Bestandteil des Signalweges die Caspase-Kaskade aktiviert wird.
Auch eine Interaktion der Mistellektine mit der DNA wird als Ursache der Apoptose-Induktion diskutiert [223, 238]. Zudem können Mistellektine auch indirekt über die Erhöhung der Expression von Fas-Liganden in Lymphozyten die Apoptose induzieren, die damit befähigt werden, in Fas Target-Zellen den programmierten Zelltod einzuleiten [239].
Letzte Aktualisierung: 27. Februar 2023/AT1
Es liegen umfangreiche Untersuchungen über die Zytokininduktion durch einzelne Mistellektine und auch durch isolierte A- und B-Ketten vor. So konnte gezeigt werden, dass die Inkubation mononukleärer Zellen (PBMC) mit ML I bzw. isolierten B-Ketten zu einer Freisetzung von TNF-α, IL-6, IL-1β, nicht aber von IL-1α führt. Diese Ergebnisse lassen auf eine wesentliche Beteiligung von Monozyten schließen, da ML I bevorzugt an diese bindet [202, 240].
Auch über die Zytokininduktion durch Mistelgesamtextrakte liegen zahlreiche Veröffentlichungen vor. So konnte gezeigt werden, dass mit Iscador P in verschiedenen Konzentrationen eine teils starke Freisetzung von IL-6 und TNF-α über die in vitro-Reaktivität mononukleärer Zellen auf Mistelextrakte ausgelöst wird. Deutlich seltener wurden IL-2, IL-4, IL-5 und IFN-γ induziert [241].
In einer anderen Untersuchung wurde festgestellt, dass die durch Mistelextrakte bedingte Tumorhemmung über die Freisetzung von IL-12 erfolgt, wobei dieser Mechanismus durch den Anstieg der T-Zell- und NK-Zell-Aktivitäten mit beeinflusst wurde [243].
Eine neuere Untersuchung zeigte auf, dass IFN-γ, das eine wichtige Rolle bei der Vermittlung der protektiven Immunantwort gegenüber Krebszellen spielt, insbesondere durch die Eichenmistel signifikant erhöht wird, ohne die Treg-Subpopulationen und die Produktion anderer T-Zellzytokine wie IL-4, IL-13 und IL-17A zu verändern. Diese selektive Erhöhung von Th1-Zytokinen lässt sich auf die immunmodulatorischen Eigenschaften von Mistelextrakten zurückführen [234].
Die mistelinduzierte Zytokinproduktion in vivo wurde mehrheitlich bei Tumorpatient*innen untersucht. Dabei zeigten sich eine hohe individuelle Variabilität und Unterschiede in den induzierten Zytokinmustern zwischen den einzelnen Lektinen und in Abhängigkeit von der Zusammensetzung der verschiedenen Mistelpräparate [202].
Letzte Aktualisierung: 27. Februar 2023/AT1
Sowohl Mistelgesamtextrakte als auch ML I hemmen deutlich und dosisabhängig die Proliferation der Zellen [175, 223, 239, 288]. Ebenso konnten für Oleanolsäure und für weitere aus der Mistel isolierte pentazyklische Triterpene wie Betulin- und Ursolsäure antiproliferative Wirkungen nachgewiesen werden [192, 197]. Auch an der equinen Zelllinie E42/02 konnte eine Hemmung der Zellproliferation festgestellt werden [289].
Ebenso bestätigen umfangreiche Untersuchungen an verschiedenen Tumorzelllinien, dass durch den Einsatz von Mistelpräparaten die Zellproliferation nicht verstärkt wird. So wurde bei 14 Tumorzelllinien die metabolische Aktivität der Zellen mit verschiedenen Konzentrationen von isoliertem ML I und Mistelgesamtextrakt untersucht. Es konnte bei keiner der untersuchten Zelllinien ein Proliferationsreiz durch ML I oder den Mistelgesamtextrakt festgestellt werden [244]. In einer anderen Untersuchung wurde geprüft, ob die drei Präparate Iscador M und Qu spezial sowie Iscador P in vitro wachstumsstimulierende Eigenschaften bei 26 humanen Zelllinien aufweisen. In keiner der Zelllinien war eine Wachstumsstimulation durch die drei getesteten Mistelextrakte zu beobachten [59].
Letzte Aktualisierung: 27.Februar 2023/AT1