Zu dieser Tumorart liegen auch verschiedene Fallberichte vor.
Königsberger et al. 2024 [339]
Für diese retrospektive Fallserie bei Patient*innen mit kutanem Plattenepithelkarzinom (cSCC), Basalzellkarzinom (BCC) und aktinischer Keratose (AK) wurden das klinische Ansprechen auf die Behandlung mit dem lipophilen Viscum album Extrakt (VALE), unerwünschte Arzneimittelwirkungen, Risikofaktoren, Begleittherapien und -erkrankungen sowie weitere diagnostische und therapeutische Informationen dokumentiert. Die Datenanalyse wurde hierbei für jeden einzelnen Patienten und jede einzelne Läsion durchgeführt. Der Extrakt ist derzeit als "Viscum album Herba Extractum resinosum 10%, Crème" (Iscador AG, Schweiz) zur äußerlichen Anwendung erhältlich, der 1 bis 2 mal pro Tag auf die betreffenden Läsionen, vorzugsweise okklusiv in der Nacht, aufgetragen wird.
Die Studienpopulation dieser Beobachtungsstudie bestand aus 55 Patient*innen, die 74 Hautläsionen aufwiesen. Die meisten Läsionen (45%) befanden sich auf der Stirn, im Nasenbereich, auf der Wange und in der Nähe des Auges. 15% der Läsionen waren histologisch gesichert (bei cSCC in 5 von 9 Fällen = 56%), in 20% wurde eine Dermatoskopie vorgenommen und in 65% der Fälle basierte die Diagnose auf der klinischen Beurteilung (bei AK in 34 von 48 Fällen = 79%). Es lagen keine Informationen darüber vor, ob es sich um oberflächliche oder tieferliegende cSCC handelte.
Die klinischen Ansprechraten (vollständige + partielle Remissionen) für einzelne Läsionen betrugen 78% für cSCC, 70% für BCC und 71% für AK. Die Komplettremissionsraten für einzelne Läsionen lagen bei 56% für cSCC, 35% für BCC und 15% für AK.
Die mediane Behandlungsdauer betrug 13 Wochen, 30 Läsionen wurden innerhalb von 9 Wochen, 23 Läsionen innerhalb von 19 Wochen und 19 Läsionen länger als 19 Wochen behandelt, wobei bei cSCC und BCC kürzere Zeiten bis zum besten klinischen Ansprechen beobachtet wurden als bei AK (10 Wochen bei cSCC, 15 Wochen bei BCC, 47 Wochen bei AK). Bei 34 Läsionen wurde eine Okklusionsbehandlung – meist nachts – durchgeführt. Nach der medizinischen Beurteilung wurde die Compliance (Therapietreue) bei der Behandlung der 74 Läsionen bei 71% als gut, bei 27% als mäßig und bei 1% als schlecht eingestuft. Bei fünf Patient*innen wurden unerwünschte Arzneimittelwirkungen gemeldet, darunter Erytheme und Entzündungsreaktionen von meist mäßigem Schweregrad, die wieder vollständig abklangen. In einem Fall wurde die Therapie vorübergehend pausiert, in vier Fällen wurde sie ohne Unterbrechung fortgesetzt.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung deuten darauf hin, dass VALE ein sicherer und gut verträglicher Extrakt ist, bei dessen Anwendung vollständige und partielle Remissionen von kutanen Plattenepithelkarzinomen beobachtet werden konnten. Um die Wirksamkeit der Therapie mit VALE eingehender beurteilen zu können, sind weitere prospektive Untersuchungen erforderlich.
Grossarth-Maticek und Ziegler 2007 [119]
Diese prospektiven, kontrollierten Kohortenstudien im Matched-Pair-Design erfolgten im Rahmen einer umfangreichen epidemiologischen Langzeitstudie mit 10.226 Tumorpatient*innen und untersuchte verschiedene Faktoren im Hinblick auf den Verlauf der Krebserkrankung. Die Therapie mit Mistelextrakten war einer der Faktoren, da 1.668 Patient*innen angegeben hatten, Mistelextrakte angewandt zu haben.
Getrennt nach Tumorentität wurde der Einfluss der Misteltherapie auf die psychosomatische Selbstregulation und die Überlebenszeit hin analysiert. Die Vergleichbarkeit der beiden Therapiegruppen (mit und ohne Misteltherapie) für die jeweilige Tumorentität wurde durch die Bildung von "Matched-Pairs" ermöglicht.
In den zwei vorliegenden prospektiv geplanten und durchgeführten kontrollierten Studien wurden Patient*innen mit malignem Melanom ohne Rezidive, ohne nachgewiesene Lymphknotenmetastasen oder Fernmetastasen gemäß den genannten prognostischen Faktoren gematcht und langfristig hinsichtlich Gesamtüberleben, Tumorprogression und psychosomatische Selbstregulation untersucht.
Alle Studienpatient*innen erhielten eine ihrer Situation angemessene konventionelle Therapie, einschließlich – falls notwendig und sinnvoll – Operation, Chemotherapie, Radiotherapie und Immuntherapie.
Für die 22 Paare in der randomisierten Studie wurden nur Melanompatient*innen ohne Misteltherapie (und ohne eine andere immunstimulierende Therapie) rekrutiert und gematcht; für die 32 Paare in der nicht-randomisierten Studie wurden die zusätzlich zur konventionellen Therapie mit dem Mistelpräparat Iscador behandelten Melanompatient*innen mit den nur konventionell behandelten gematcht.
Beim Gesamtüberleben bestand bei beiden Studien kein signifikanter Unterschied zwischen der Mistel- und Kontrollgruppe.
Die Gesamtauswertung der Tumorprogression zeigte für beide Studien einen signifikanten Vorteil für die Misteltherapiegruppe mit einem Hazard Ratio (HR) von 0,49 in der randomisierten Studie und 0,72 in der nicht-randomisierten Studie.
In der randomisierten Studie verbesserte sich nach 12 Monaten die psychosomatische Selbstregulation als Maß für die autonome Bewältigung der Erkrankung in der Misteltherapiegruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant (p = 0.0048).
Durch die Misteltherapie konnte in diesen Studien ein klinisch relevanter, signifikanter Effekt im Hinblick auf die Tumorprogression (Verlangsamung der Tumorprogression) und eine Verbesserung der psychosomatischen Selbstregulation bei Patient*innen mit malignem Melanom festgestellt werden.
Augustin et al. 2005 [138]
Diese multizentrische, kontrollierte, epidemiologische, retrospektive Kohortenstudie mit Parallelgruppendesign, durchgeführt nach den Richtlinien der „Guten Epidemiologischen Praxis“ (GEP), untersuchte die therapeutische Wirksamkeit und Unbedenklichkeit einer langfristigen Misteltherapie im Vergleich zur unbehandelten, nur beobachteten („watchful waiting“) Kontrollgruppe bei Patient*innen mit malignem Melanom mit mittlerem bis hohem Risiko der AJCC/UICC Stadien II und III während der postoperativen Tumornachsorge.
Insgesamt 686 Patient*innen aus verschiedenen Zentren in Deutschland und der Schweiz nahmen an der Studie teil, davon waren 329 Patient*innen in der Mistelgruppe und 357 in der Kontrollgruppe. Die mediane Nachsorge-/Nachbeobachtungszeit betrug 81 Monate in der Prüfgruppe bzw. 52 Monate in der Kontrollgruppe. Die mediane Therapiedauer mit dem Prüfpräparat Iscador(vorwiegend Iscador P), das für mindestens sechs Monate zwei- bis dreimal wöchentlich verabreicht wurde, betrug etwa 30 Monate.
Als primäres Zielkriterium der Wirksamkeit wurde das adjustierte Gesamtüberleben gewählt, während sich die sekundären Zielkriterien auf das tumorabhängige Überleben sowie das adjustierte Risiko, Gehirnmetastasen zu entwickeln, bezogen.
Zielkriterium der Unbedenklichkeit war die Zahl der Patient*innen mit dokumentierten Nebenwirkungen durch die Misteltherapie.
Die adjustierte Hazard Ratio (HR, relatives Risiko), an irgendeiner Ursache während der Therapie- und Nachbeobachtungszeit zu versterben, war in der Mistelgruppe signifikant geringer als in der Kontrolltherapiegruppe. Vergleichbare Ergebnisse gab es auch beim tumorbezogenen Überleben. Hier lag das HR in der Misteltherapiegruppe sogar bei 0,41 (p = 0,002), was einer relativen Risikoreduktion um 59 Prozent entspricht.
Die Häufigkeit von Metastasen, insbesondere von Hirn-, Lungen- und Lymphknotenmetastasen war in der Verumgruppe ebenfalls signifikant geringer als in der Kontrollgruppe.
In der Misteltherapiegruppe kam es bei 11 Patient*innen (3,3%) zu therapiebedingten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW), die unspezifisch und nur leicht bis mittelstark ausgeprägt waren. In den meisten Fällen klangen die Reaktionen innerhalb einer Woche spontan ab. In einem Fall kam es zu einem vorzeitigen Abbruch der Behandlung wegen „mäßiger“ Kopfschmerzen und Müdigkeit. Schwerwiegende Nebenwirkungen traten nicht auf.
Bei 42 Patient*innen (12,8%) waren Lokalreaktionen an der Injektionsstelle zu beobachten. Im Wesentlichen handelte es sich dabei um Erytheme, Ödeme, Juckreiz oder lokale Schmerzen. Die lokalen Nebenwirkungen waren vorwiegend leicht bis mittelschwer ausgeprägt (WHO/CTC-Grad 1-2) und klangen in den meisten Fällen spontan ab. In 5 Fällen wurde die Misteltherapie aufgrund lokaler Reaktionen vorzeitig abgebrochen.
Eine postoperative supportive Langzeitbehandlung mit einem Mistelextrakt bei Patient*innen mit primärem, malignem Melanom mit mittlerem bis hohem Risiko der UICC/AJCC-Stadien II bis III zeigte einen erheblichen Überlebensvorteil im Vergleich zu einer Kontrollgruppe aus derselben Kohorte ohne zusätzliche Misteltherapie.
Eine Verzögerung der Metastasierung konnte in der Misteltherapiegruppe ebenfalls beobachtet werden.
Kleeberg et al. 2004 [117]
Von der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) wurde eine prospektive, randomisierte Phase-III-Studie zur adjuvanten Behandlung von Melanompatient*innen nach Resektion prognostisch ungünstiger Primärtumoren (Stadium II, > 3mm Breslow Dicke) oder nach kurativer Resektion regionaler Lymphknotenmetastasen (Stadium III) durchgeführt. Das Ziel war, die Wirksamkeit und Sicherheit von niedrig dosiertem rekombinantem Interferon-alpha 2b (rIFN-α2b) oder rekombinantem Interferon gamma (rIFN-γ), das jeden zweiten Tag über einen Zeitraum von zwölf Monaten bzw. bis zum Tumorprogress subkutan verabreicht wurde, im Vergleich zu einer unbehandelten Kontrollgruppe zu untersuchen.
Zu dieser EORTC-Studie fügte die Arbeitsgemeinschaft für internistische Onkologie der deutschen Krebsgesellschaft als vierten Arm eine Misteltherapie mit Iscador M hinzu, das in ansteigender Dosierung jeden zweiten Tag subkutan injiziert wurde, mit einer Pause von sieben Tagen nach 14 Injektionen. Der Applikationszeitraum betrug wie in den Interferon-Gruppen maximal zwölf Monate.
Somit wurden letztlich zwei Studien durchgeführt: eine dreiarmige Studie ohne Misteltherapie und eine vierarmige Studie mit einer Misteltherapie. Die vierarmige Studie wurde vor der eigentlichen Veröffentlichung bereits in Kurzform publiziert [152]. Es wurden 830 Patient*innen in 45 Institutionen aus 13 Ländern randomisiert, davon 423 in die dreiarmige und 407 in die vierarmige Studie. Das mediane Follow-up betrug 8,2 Jahre.
Für die Auswertung wurden die beiden Studien teils miteinander verrechnet, teils getrennt ausgewertet, sodass die Kontrollgruppe der vierarmigen Studie letztlich für beide Studien Verwendung fand.
Weder bei den mit Interferon behandelten noch bei den mit Iscador behandelten Patient*innen zeigte sich hinsichtlich des krankheitsfreien oder des gesamten Überlebens ein signifikanter Unterschied gegenüber der Kontrolle.
Die Ergebnisse für das krankheitsfreie Intervall lagen für die Patient*innen in der Misteltherapiegruppe im Trend etwas unter denen der Kontrollgruppe. Die Ergebnisse zur Lebensqualität wurden nicht publiziert.
Fünf Patient*innen (4,9%) brachen die Misteltherapie wegen Nebenwirkungen ab. Welche Nebenwirkungen hier auftraten, kann der Publikation nicht entnommen werden, da diesbezüglich nicht zwischen den verschiedenen Therapien unterschieden wurde.
Unter rIFN-α2b, rIFN-γ und der Misteltherapie traten Appetitlosigkeit, generelles Unwohlsein, depressive Stimmung, Fieber und Lokalreaktion an der Injektionsstelle auf. Es gab keine Organtoxizität.
In dieser Studie zeigte sich bei einer Therapiedauer von maximal zwölf Monaten kein Vorteil einer Misteltherapie hinsichtlich der Überlebenszeit oder dem krankheitsfreien Intervall.