Aktuelle Beiträge zur Mistel.

Wirkung der Misteltherapie in Kombination mit Immuncheckpoint-Inhibitoren beim fortgeschrittenen Nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom

Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) wie PD-1/PD-L1-Inhibitoren (z.B. Pembrolizumab, Nivolumab, Atezolizumab etc.) haben die Überlebensraten z.B. bei Patient*innen mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) erheblich und signifikant verbessert. Ein Problem stellt dabei aber die ICI-Resistenz dar, die die Wirksamkeit dieser Therapien einschränken kann. Daher wird weiterhin nach Wegen gesucht, die Wirkung von ICI zu verbessern und die Überlebensraten zu erhöhen. Eine Ergänzung könnte die Kombination einer Immuncheckpoint-Blockade (ICB) mit adjuvanter Misteltherapie sein, die zunehmend als ein integrativer Bestandteil in der Onkologie betrachtet wird. Aktuelle Studien mit Real-World-Daten (RWD) aus einem deutschen onkologischen Register (Netzwerk Onkologie, NO) zeigen vielversprechende Ergebnisse für die Kombination von ICI und Mistelpräparaten, was deren Potenzial als integrativer Ansatz in der Onkologie unterstreicht.

In einer RWD-Studie mit 415 Patient*innen war  die kombinatorische ICI-Therapie und Misteltherapie mit einem signifikanten Überlebensvorteil assoziiert. Patient*innen, die diese Kombination erhielten, erreichten ein medianes Gesamtüberleben von 13,8 Monaten im Vergleich zu 6,8 Monaten bei Patient*innen, die nur ICI erhielten. Die Analysen zeigten eine 40%ige Reduktion des Sterberisikos (adjustiertes Hazard-Ratio, aHR: 0,60; 95%-Konfidenzintervall, KI: 0,43–0,85; p = 0,004), wobei der Effekt bei PD-L1-positiven Patient*innen in der Erstlinientherapie noch stärker war (56% Risikoreduktion; HR: 0,44; 95%-KI: 0,26–0,74; p = 0,002) [332]. Dieser Effekt war in einer zweiten RWD Studie mit einer Kombination von ICI und dem Mistelpräparat abnobaVISCUM noch größer und lag bei PD-L1-positiven Patienten in der Erstlinientherapie bei 75% Risikoreduktion (aHR: 0,25; 95%KI: 0,11–0,60, p = 0,02) [340].

Die potentiellen synergistischen Effekte in dieser Real-World Data-Studie bei der Wirksamkeit zwischen der ICI- und Misteltherapie wird auf die ergänzenden immunmodulatorischen und pro-apoptotischen Eigenschaften der Misteltherapie zurückgeführt. Die Misteltherapie könnte unter anderem die PD-L1-Expression verringern und so die Wirksamkeit von PD-1/PD-L1-Inhibitoren steigern sowie Tumorzellen durch Hemmung von Signalwegen wie der AKT/ß-Catenin-Achse gezielt angreifen. Diese Hypothesen bedürfen noch der weiteren experimentellen Validierung.

Ein entscheidender Vorteil dieser Real-World Data-Studie ist ihre realitätsnahe, praxisrelevante Perspektive auf die Wirksamkeit integrativer onkologischer Ansätze. Sie ist die erste, die eine positive Korrelation zwischen der Kombination von PD-1/PD-L1-Inhibitoren und der Misteltherapie (in der zweiten Publikation im speziellen die Therapie mit abnobaVISCUM) mit einem verlängerten Überleben bei NSCLC zeigt. Das nicht-randomisierte Design der Studie schränkt jedoch die Aussagekraft ein, da die Gruppenzuordnung durch unterschiedliche Patient*inneneigenschaften beeinflusst werden könnte, was zu einer Verzerrung führen kann. Potenzielle Störfaktoren wurden jedoch durch multivariable logistische Regressionsmethoden berücksichtigt.

Die Ergebnisse unterstreichen das Potenzial der Misteltherapie ergänzend zur ICI-Therapie, insbesondere bei Patient*innen mit PD-L1-positiven Tumoren. Prospektive, randomisierte Studien sind notwendig, um die beobachteten Effekte zu bestätigen und die Mechanismen zur Synergie weiter zu untersuchen.

Weitere Informationen finden Sie hier und hier.

Buch-Neuerscheinung

Vademecum Anthroposophische Arzneimittel

Das umfassend aktualisierte und erweiterte Vademecum Anthroposophische Arzneimittel ist im Oktober 2024 in zwei farbigen Bänden auf mehr als 1.900 Seiten und mit mehr als 200 Bildern erschienen.

Band 1 verzeichnet 1.976 medizinische Indikationen und 678 Arzneimittel mit detaillierten Informationen zu Zusammensetzung, Darreichungsform, Dosierung und zugelassenen Anwendungsgebieten.

Alle Angaben beruhen auf dem Stand der aktuell verfügbaren Sortimente von Herstellern und Magistralapotheken.

Band 2 zur Misteltherapie wurde umfassend neu durch die Onkologin Dr. med. Marion Debus strukturiert und erweitert. Im ersten Teil werden die wesentlichen onkologischen Krankheitsbildern: wie Haut-, Gehirn-, HNO-, Thorax- und gastrointestinale Tumore, neuroendokrine Neoplasien und Karzinome, Mammakarzinom, gynäkologische Tumore, Nierenzell-, Harnblasen-, Prostatakarzinom, Lymphome und Sarkome näher erläutert. Zudem wird der spezifische Leitgedanke, die Wirksamkeit der Misteltherapie nach Studienlage, die Vorstellung medikamentöser Therapiekonzepte und signifikante Fallvignetten dargestellt sowie die wichtigsten Fachartikel referenziert. Der zweite Teil des zweiten Bandes beschreibt Grundlagen und Anwendung der Misteltherapie im Rahmen einer individualisierten, patientenzentrierten integrativen Onkologie. Präparateauswahl, Dosierung, Applikation, Wirkung und ggf. Nebenwirkungsmanagement sowie menschenkundliche Aspekte werden ausführlich beschrieben. Der dritte Teil führt in die Substanzen, pharmazeutischen Prozesse und Wirkprinzipien der anthroposophischen Arzneimitteltherapie ein.

Das Vademecum ist für Anfänger und fortgeschrittene Anwender*innen gleichermaßen geeignet und bietet umfängliche orientierende, informierende und praxisnahe Informationen.

Die zwei farbigen Bände mit kostenlosem Zugang zur Web-App für 12 Monate sind für 98,00 Euro zzgl. Versandkosten unter https://shop.vademecum.org/ erhältlich. Ein personalisierter QR-Code, welcher sich auf dem Lesezeichen im ersten Band befindet, führt zur Online-Version des Vademecums.

Lungenkarzinom

Kombination von Viscum album L. mit Immuncheckpoint-Inhibitoren bei Patient*innen mit fortgeschrittenem oder metastasiertem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom: Eine Real-World-Data Studie

Es hat sich gezeigt, dass eine Immuntherapie mit PD-1/PD-L1-Inhibitoren die Überlebensraten von Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) in fortgeschrittenen oder metastasierten Stadien deutlich verbessern kann. Daher wurden in dieser Real-World Data (RWD) Studie die Überlebensdaten von diesen Patient*innen ausgewertet, um den Einfluss einer Misteltherapie zusätzlich zur Behandlung mit PD-1/PD-L1 Inhibitoren auf das klinische Therapieergebnis zu beurteilen [332]. Insgesamt wurden 415 Patient*innen in die Studie aufgenommen, von denen 193 eine mit Mistelextrakten kombinierte Anti-PD-1/PD-L1-Therapie und 222 nur eine Anti-PD-1/PD-L1-Therapie (Kontrollgruppe) erhielten. Die Patient*innen in der kombinierten Gruppe lebten sieben Monate länger (mediane Überlebensdauer 13,8 Monate) als die Patient*innen in der Kontrollgruppe (mediane Überlebensdauer 6,8 Monate) und das adjustierte Sterberisiko wurde signifikant um 40 Prozent gesenkt. Es reduzierte sich um weitere 16 Prozent (p = 0,002) bei Patient*innen mit PD-L1-positiven Tumoren (Tumorzell-Proportionswert ≥ 1%), die mit einer Erstlinien-Anti-PD-1/PD-L1-Therapie sowie einer additiven Misteltherapie behandelt wurden.

Pankreaskarzinom

Patient*innen mit fortgeschrittenem Pankreaskarzinom, die zusätzlich zur palliativen Chemotherapie eine Misteltherapie und Hyperthermie erhielten: Eine retrospektive monozentrische Analyse

Das Pankreaskarzinom bleibt trotz Fortschritten in der Behandlung mit schlechten Überlebensraten verbunden. Daher wurde in dieser an der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg durchgeführten monozentrischen retrospektiven Analyse der Einfluss einer Misteltherapie und Hyperthermie zusätzlich zur Chemotherapie bei Patient*innen mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Pankreaskarzinom untersucht [331]. Von den insgesamt 206 Patient*innen wurden 142 in die Überlebensanalyse eingeschlossen. Von diesen erhielten 25 nur Chemotherapie, 48 eine kombinierte Chemo-/Misteltherapie, 50 eine kombinierte Chemo-/Misteltherapie plus Hyperthermie und 1 eine Chemotherapie plus Hyperthermie. Die medianen Überlebenszeiten waren durch eine zusätzliche Misteltherapie mit 11,2 Monaten (p = 0,02) bzw. durch eine zusätzliche Misteltherapie plus Hyperthermie mit 18,9 Monaten (p < 0,001) signifikant länger als bei alleiniger Behandlung mit Chemotherapie (8,6 Monate). Während die Überlebenszeiten der nur mit Chemotherapie behandelten Gruppe gut mit Daten aus Zulassungsstudien und Registerdaten übereinstimmen, deuten die Ergebnisse der Studie darauf hin, dass der zusätzliche Einsatz von Misteltherapie und Hyperthermie das Überleben bei fortgeschrittenem Pankreaskarzinom im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie deutlich verlängern könnte. Aufgrund des retrospektiven Studiendesigns und der begrenzten Stichprobengröße sind allerdings weitere prospektive Studien zur Bestätigung dieser Ergebnisse erforderlich.

Lungenkarzinom

Bewertung der Lebensqualität von Lungenkarzinompatient*innen, die eine Bestrahlung und Viscum album L. erhielten: Eine Real-World Data Studie

In diese monozentrische Real-World Data Studie wurden Patient*innen mit histologisch gesichertem primären Lungenkarzinom aufgenommen, bei denen auswertbare Datensätze zur selbstberichteten Lebensqualität mindestens zum Zeitpunkt der Erstdiagnose (T0) und 12 Monate später (T1) verfügbar waren [330]. Es konnten insgesamt 112 Patient*eingeschlossen werden, wobei 27 Patient*innen, die weder Bestrahlung noch Misteltherapie erhielten als Referenzgruppe dienten, 29 Patient*innen eine Misteltherapie ohne Bestrahlung, 32 Patient*innen Bestrahlung aber keine Misteltherapie und 24 Patient*innen sowohl Bestrahlung als auch eine Misteltherapie erhielten. Die Bewertung der Veränderungen der Lebensqualität nach 12 Monaten ergab eine signifikante Verbesserung von 27 Punkten für Schmerzen (p = 0,006) und 17 Punkten für Übelkeit/Erbrechen (p = 0,005) bei Patient*innen, die eine Strahlen- und Misteltherapie erhielten. Ebenso konnten signifikante Verbesserungen von 15 bis 21 Punkten für die Rollenfunktion (p = 0,03) sowie die körperliche (p = 0,02), kognitive (p = 0,04) und soziale Funktion (p = 0,04) bei den Patient*innen beobachtet werden, die eine Misteltherapie aber keine Bestrahlung erhielten. Weitere Informationen finden Sie unter Klinische Studien/Lungenkarzinom.

Metaanalyse zu Brustkrebs

Lebensqualität von Brustkrebspatientinnen, die mit Mistelextrakten behandelt wurden: Eine systematische Übersicht und Metaanalyse

Da Brustkrebs die häufigste Krebsart bei Frauen ist, wurde in dieser Metaanalyse erstmals untersucht [329], ob die bereits in mehreren Krebsleitlinien aufgeführten Mistelextrakte auch die Lebensqualität von Brustkrebspatientinnen verbessern können. Dazu wurden randomisierte klinische Studien (RCTs) und nicht-randomisierte Interventionsstudien (NRSIs), in denen die Lebensqualität von Brustkrebspatientinnen, die mit Mistelextrakten als Zusatztherapie behandelt wurden, mit konventionell behandelten Kontrollgruppen verglichen. Es konnten neun RCTs mit 833 und sieben NRSIs mit 2.831 Patientinnen einbezogen werden. Es wurde eine mittlere Effektgröße auf die Lebensqualität von Brustkrebspatientinnen mit geringer Heterogenität zwischen den Studien festgestellt, wobei die Effektgröße vergleichbar mit oder sogar größer als bei anderen Interventionen wie z.B. körperlicher Aktivität war. Weitere Informationen finden Sie unter Metaanalysen und Reviews oder Klinische Studien/Mammakarzinom.

Brustkrebs und andere gynäkologische Tumoren

Sicherheitsstudie zur kombinierten Gabe der zielgerichteten Therapie mit Mistelextrakten (Helixor) bei Brustkrebs und anderen gynäkologischen Tumoren

Erste klinische Erfahrungen mit der additiven Misteltherapie (Helixor) zur zielgerichteten Therapie bei 242 Patient*innen mit Brustkrebs bzw. anderen gynäkologischen Krebsentitäten liegen nun vor (316). In einer Real-World Data Studie (RWD Studie) aus dem Netzwerk Onkologie Register, bei der eine Patient*innengruppe nur zielgerichtete Therapien (n=160), die andere zusätzlich eine Misteltherapie erhielt (n=82), wurde in beiden Gruppen die Nebenwirkungsrate sowie Dosisreduktionsanpassungen und Therapieabbrüche der zielgerichteten Therapie mit monoklonalen Antikörpern, Tyrosinkinaseinhibitoren, Checkpoint-Inhibitoren, CDK4/6-Inhibitoren oder PARP-Inhibitoren ermittelt. Es konnte festgestellt werden, dass die zusätzliche Misteltherapie die Nebenwirkungsrate der zielgerichteten Therapie nicht verändert. Darüber hinaus wurden in der Gruppe mit der kombinierten Therapie (zielgerichtete Therapie plus Mistelextrakte) keine unerwünschten Ereignisse und ein Trend zu einer besseren Therapietreue zur zielgerichteten Therapie beobachtet. Diese RWD Studie ist die erste ihrer Art, die das Sicherheitsprofil neuerer zielgerichteter Therapiegruppen wie CDK4/6-Inhibitoren sowie PARP-Inhibitoren in Kombination mit Mistelextrakten beleuchtet. Insgesamt weisen die Daten darauf hin, dass eine zusätzliche Misteltherapie mit Viscum album-Extrakten nicht das Sicherheitsprofil der zielgerichteten Therapie bei Brustkrebs und anderen gynäkologischen Tumoren verändert. Weitere Studien unter Einbezug der kombinierten Therapie bei zusätzlichen Tumorentitäten sind geplant.

Chylöser Aszites nach Pankreas-Duodenektomie

Sklerotherapie eines chylösen Aszites im Zusammenhang mit einer Pankreas-Duodenektomie durch intraperitoneal injiziertes Viscum album L.

Bei einer 56-jährigen Patientin mit Diabetes mellitus, chronischer B-Virushepatitis und subklinischer Hypothyreose wurde ein gut differenziertes, resektables Adenokarzinom im Pankreaskopf und in der sogenannten Ampulla Vateri diagnostiziert (317). Nach einer roboterassistierten pylorus-erhaltenden Pankreaskopfresektion ergab der pathologische Befund des Tumors (2,2 x 1,8 cm) ein mäßig differenziertes, infiltrierendes Adenokarzinom des Pankreas mit lymphatischer und perineuraler Invasion. Nach der Operation erholte sich die Patientin gut und konnte entlassen werden. Am 19. Tag nach der Operation wurde die Patientin wegen eines chylösen Aszites als Folge einer chirurgisch bedingten Verletzung der Lymphgefäße wieder stationär aufgenommen. Die Drainageflüssigkeit hatte im Verlauf der Untersuchungen eine milchig-gelbe Farbe mit einem Serum-Aszites-Albumin-Verhältnis von 1,3 g/dL. Es wurden eine Aszitesdrainage, Albuminsubstitution und die Gabe von Diuretika und Lipidsenkern begonnen sowie eine Behandlung mit Octreotid und eine parenterale Ernährungsanpassung mit dem Ziel der Senkung des Pfortaderdrucks. Nach anfänglicher Verschlechterung des Aszites wurde die Patientin am 89. Tag nach der Operation auf eine allgemeine Diät umgestellt. Zusätzlich wurden an den Tagen 94, 97, 110, 115, 126, 129 und 132 nach der Operation Extrakte von abnobaVISCUM in ansteigender Dosierung intraperitoneal durch die Drainage zur Lymphsklerosierung injiziert („Viscum shooting“). In diesem Stadium wurde eine chirurgische Behandlung aufgrund des voraussichtlichen Morbiditätsrisikos der Patientin ausgeschlossen. Während die Aszitesflüssigkeit am Tag 94 nach der Operation eine seröse Farbe annahm, nahm auch die Menge der drainierten Aszitesflüssigkeit während der folgenden Mistel-Injektionen bis zum Tag 132 ab. Die Patientin wurde in einem guten Allgemeinzustand aus dem Krankenhaus entlassen und zeigte auch am Tag 156 nach der Operation und bei der Nachuntersuchung nach 3 Monaten keine Anzeichen eines Rückfalls. Dies ist der erste veröffentlichte Fall über die Behandlung eines chylösen Aszites und der Off-Label-Injektion mit abnobaVISCUM-Extrakten als minimal-invasive Sklerotherapie mit nur geringen Nebenwirkungen.

Neues systematisches Review und Metaanalyse bestätigen Reduktion der tumorbedingten Fatigue durch Mistelextrakte

Die tumorbedingte Fatigue (cancer-related fatigue, CRF) entwickelt sich als Folge einer Krebserkrankung oder der Krebstherapie, ist durch Müdigkeit oder Erschöpfung (die nicht im Verhältnis zur bisherigen körperlichen Aktivität steht) gekennzeichnet und stellt eines der stärksten belastenden Symptome bei Krebspatient*innen dar. Müdigkeit und Erschöpfung lassen auch bei ausreichendem Schlaf nicht nach und können das Leben stark beeinträchtigen. Die Erstlinientherapie umfasst körperliche Aktivität und psychosoziale Interventionen. Gemäß der S3-Leitlinie zur Komplementärmedizin bei onkologischen Patient*innen werden körperliche Aktivität und Sport, Tai Chi und Qigong sowie Yoga als nicht-pharmakologische Interventionen empfohlen. Sport und körperliche Aktivitäten sind für onkologische Patienten, z. B. für kachektische Patienten, nicht immer zu bewältigen. Derzeit ist Methylphenidat die einzige pharmakologische Behandlung, die nachweislich zur Verbesserung der CRF beiträgt, allerdings scheint der Konsens über die Empfehlung dieser Substanz gegen tumorbedingte Müdigkeit unklar zu sein. Daher werden weitere pharmakologische und nicht-pharmakologische Lösungen benötigt. Obwohl in einer Vielzahl von Studien positive Effekte von Mistelextrakten (Viscum album L) bei der Behandlung der tumorbedingten Fatigue dokumentiert wurden, wurden bisher in keiner Metaanalyse ihre Ergebnisse in Bezug auf klinische Studien, einschließlich nicht-randomisierter Interventionsstudien und aller Arten von CRF-Fragebögen, analysiert.

Kürzlich (März 2022) wurde in der Zeitschrift „Supportive Care in Cancer“ eine systematische Übersichtsarbeit über die Wirkung der Misteltherapie auf die tumorbedingte Fatigue von Florian Pelzer, Martin Loef, David D. Martin und Stephan Baumgartner veröffentlicht [314] . Es wurden zwei Metaanalysen mit zufälligen Effekten (eine mit 12 randomisierten kontrollierten Studien und eine mit 7 nicht-randomisierten Interventionsstudien) durchgeführt. Die analysierten Effektgrößen waren moderat (randomisiert: SMD=-0,48, p=0,006) und moderat bis groß (nicht-randomisiert: OR=0,36, p=0,0008). Die durchgeführten Sensitivitätsanalysen ergaben solide Ergebnisse, aber eine große Heterogenität zwischen den Studien, die möglicherweise auf Unterschiede in der Studienpopulation und -methodik zurückzuführen ist. Die Analysen zeigen auch, dass das Risiko einer Verzerrung bei 11 von 12 randomisierten Studien hoch und bei allen nicht-randomisierten Studien erheblich war (Confounding-Risiko).  

Trotz eines Verzerrungsrisikos in den herangezogenen Studien weisen die Ergebnisse der systematischen Übersichtsarbeit und der Metaanalysen daraufhin, dass eine Misteltherapie im Vergleich zur Kontrollgruppe die tumorbedingte Fatigue statistisch signifikant reduzieren kann. Die Misteltherapie kann als Ergänzung zu körperlicher Aktivität empfohlen werden. Weitere Informationen finden Sie hier.

Rektumkarzinom

Einfluss von Mistelextrakt auf das Tumoransprechen während einer neoadjuvanten Chemoradiotherapie bei Rektumkarzinomen: eine Kohortenstudie

In dieser retrospektiven monozentrischen Beobachtungsstudie wurde der Einfluss eines Eichen-Mistelextraktes auf das Ansprechverhalten einer neoadjuvanten Chemoradiotherapie (NCRT) bei 52 Patienten mit lokal fortgeschrittenem Rektumkarzinom untersucht [318]. 15 Patientin erhielten zusätzlich die Misteltherapie und 37 Chemotherapie alleine. Es zeigte sich eine signifikant höhere Rate kompletter Remissionen in der Gruppe mit NCRT und zusätzlicher Misteltherapie  (53,3 % vs. 21,6 %, p = 0,044) im Vergleich zur Gruppe mit NCRT alleine bzw. ein signifikant höheres Downstaging (86,7% vs. 56,8%, p = 0,040). Detailliertere Informationen finden Sie unter "Die Misteltherapie beim Kolorektalkarzinom".

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